Mobbing in der Familie: Wenn Geschwister schikanieren

Mobbing wird oft mit Schulen oder Arbeitsplätzen in Verbindung gebracht, doch es kann auch in den eigenen vier Wänden vorkommen – zwischen Geschwistern. Geschwisterstreit ist zwar normal und gehört zur Entwicklung dazu, doch wenn die Konflikte einseitig und dauerhaft werden, kann es sich um Mobbing handeln. Diese Art der Schikane innerhalb der Familie wird oft übersehen, kann aber tiefgreifende Auswirkungen auf das Selbstwertgefühl und die psychische Gesundheit eines Kindes haben.


1. Was ist Mobbing zwischen Geschwistern?

Mobbing zwischen Geschwistern beschreibt wiederholtes, absichtliches und verletzendes Verhalten eines Geschwisters gegenüber einem anderen. Anders als bei gelegentlichen Konflikten geht es hierbei um:

  • Machtungleichgewicht: Ein Geschwisterteil nutzt seine körperliche, emotionale oder soziale Überlegenheit aus.
  • Dauerhaftigkeit: Die Schikanen wiederholen sich über einen längeren Zeitraum.
  • Absicht: Ziel ist es, das andere Geschwisterkind zu verletzen oder herabzusetzen.

Mobbing zwischen Geschwistern kann sowohl körperlich als auch verbal oder emotional sein.


2. Formen von Mobbing zwischen Geschwistern

a) Körperliche Schikane

  • Schlagen, Treten oder Schubsen.
  • Zerstören von persönlichen Gegenständen.
  • Gewalttätiges Verhalten, das gezielt auf die Verletzung des anderen abzielt.

b) Verbales Mobbing

  • Beleidigungen und Beschimpfungen, die das Selbstwertgefühl angreifen.
  • Hänseleien über das Aussehen, Fähigkeiten oder Schwächen.
  • Spott und Sarkasmus, die das andere Geschwisterkind lächerlich machen.

c) Emotionales Mobbing

  • Ignorieren oder absichtliches Ausgrenzen innerhalb der Familie.
  • Manipulation, wie das Schüren von Schuldgefühlen oder das Verbreiten von Lügen.
  • Demütigung in Anwesenheit anderer, beispielsweise vor Freunden oder Familienmitgliedern.

d) Psychologisches Mobbing

  • Ständiges Kontrollverhalten, z. B. das Erzwingen von Gefälligkeiten.
  • Einschüchterung durch Drohungen.
  • Schaffen eines Machtgefühls durch Abwertung.

3. Warum kommt es zu Mobbing zwischen Geschwistern?

Mobbing in der Familie entsteht oft durch ein Zusammenspiel aus mehreren Faktoren:

a) Rivalität zwischen Geschwistern

Geschwisterrivalität ist normal, doch wenn ein Kind das Gefühl hat, es müsse ständig um die Aufmerksamkeit oder Zuneigung der Eltern kämpfen, kann diese Rivalität eskalieren und in Mobbing übergehen.

b) Machtungleichgewicht

Ein älteres oder körperlich stärkeres Geschwisterkind kann seine Überlegenheit ausnutzen, um Kontrolle auszuüben oder ein jüngeres Geschwisterkind zu schikanieren.

c) Eifersucht

Eifersucht auf die Talente, Erfolge oder die wahrgenommene Bevorzugung eines Geschwisterkindes kann zu Mobbing führen.

d) Familiäre Dynamiken

Ungesunde Dynamiken wie ungleiche Behandlung der Kinder durch die Eltern, Vernachlässigung oder eine angespannte familiäre Atmosphäre können Mobbing fördern.

e) Nachahmung

Wenn Kinder Mobbing-Verhalten in der Schule oder bei den Eltern beobachten, können sie dieses Verhalten innerhalb der Familie nachahmen.


4. Auswirkungen auf die Betroffenen

Mobbing zwischen Geschwistern kann schwerwiegende Folgen für das Opfer haben, darunter:

  • Geringes Selbstwertgefühl: Wiederholte Schikanen führen oft zu Selbstzweifeln und Unsicherheiten.
  • Psychische Belastung: Angstzustände, Depressionen und Stress sind häufige Folgen.
  • Schwierigkeiten in Beziehungen: Betroffene haben oft Probleme, gesunde Beziehungen zu anderen aufzubauen.
  • Langfristige Traumata: Erlebnisse aus der Kindheit können bis ins Erwachsenenalter nachwirken.

Auch das mobbende Geschwisterkind kann langfristig Schaden nehmen. Es entwickelt problematische Verhaltensmuster und könnte auch in anderen Lebensbereichen dazu neigen, Macht auszuüben oder andere zu schikanieren.


5. Wie Eltern Mobbing erkennen können

Eltern nehmen Mobbing zwischen Geschwistern oft nicht wahr, da es sich oft hinter scheinbar harmlosen Streitereien verbirgt. Warnzeichen können sein:

  • Ein Kind wirkt dauerhaft ängstlich, traurig oder zurückgezogen.
  • Ein Geschwisterkind meidet den Kontakt mit dem anderen.
  • Es gibt körperliche Anzeichen wie blaue Flecken oder kaputte Gegenstände.
  • Ein Kind klagt häufig über ungerechte Behandlung oder äußert Angst vor dem anderen Geschwisterteil.

6. Was können Eltern tun?

a) Neutral und aufmerksam bleiben

Eltern sollten aufmerksam beobachten, ohne Partei zu ergreifen. Es ist wichtig, die Dynamiken zwischen den Kindern genau zu analysieren.

b) Klare Regeln aufstellen

  • Gewalt, Beleidigungen und Schikanen sollten von Anfang an klar als inakzeptabel kommuniziert werden.
  • Eltern müssen konsequent handeln, wenn die Regeln gebrochen werden.

c) Gespräche führen

  • Mit beiden Kindern separat sprechen: So können sie herausfinden, wie jedes Kind die Situation wahrnimmt.
  • Konflikte moderieren: Unterstützen Sie die Kinder dabei, Konflikte gewaltfrei und respektvoll zu lösen.

d) Aufmerksamkeit und Zuneigung ausgleichen

  • Stellen Sie sicher, dass keines der Kinder bevorzugt wird.
  • Geben Sie jedem Kind die Gelegenheit, sich individuell geschätzt und geliebt zu fühlen.

e) Professionelle Hilfe suchen

In schwerwiegenden Fällen kann es hilfreich sein, eine Familientherapie in Anspruch zu nehmen. Therapeut:innen können dabei helfen, die Dynamik zu analysieren und Lösungen zu finden.


7. Fazit

Mobbing zwischen Geschwistern wird oft unterschätzt, kann jedoch tiefgreifende Auswirkungen auf alle Beteiligten haben. Eltern spielen eine zentrale Rolle dabei, solche Dynamiken frühzeitig zu erkennen und zu stoppen. Klare Kommunikation, Gleichbehandlung und gezielte Konfliktlösung sind entscheidend, um ein respektvolles und unterstützendes Familienumfeld zu schaffen. Wenn das Problem nicht allein gelöst werden kann, ist professionelle Unterstützung ein wichtiger Schritt, um die familiären Beziehungen langfristig zu verbessern.

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